Touren

Bormio – Torre di Fraele – Bormio 2000

(gefahren 12. Juni 2017)

Mein Granfondo Stelvio war gestern und ist schon Geschichte. Heute, am Tag danach gleich wieder zurück nach Hause fahren? Eher nicht. Schließlich muss ich nach Bormio mit dem Auto doch ein paar Stunden fahren und die Gegend ist so schön… da hänge ich doch noch eine kleine Tour zum Ausrollen dran ?

Eines ist klar: eine schnelle und lange Runde wird das heute nicht. Wenn ich kein Rennen in den Beinen hätte, dann wüsste ich sofort, was heute auf dem Programm stehen würde: Passo di Foscagno, Livigno, Ofenpass und Umbrail-Pass. Eine geniale Runde, aber heute ein Ding der Unmöglichkeit. Ich bin zwar nicht fertig, aber die genannte Runde wäre zu heftig.

In dem Fall hätte ich gesagt „einmal Passo di Foscagno (2291 ) und zurück“. Eventuell auch noch bis Livigno. Das wäre am naheliegendsten gewesen. Allerdings hatte ich noch am Vorabend eine Unterhaltung mit der Vermieterin meines Apartments. Ihre Empfehlung lautete „fahren sie doch zum Torre di Fraele“ bei den „Lago di Cancano“. Ein Blick auf die Karte. Es ist zwar eine Sackgasse hoch nach Torre die Fraele, die Strecke sieht aber interessant aus. Leider kann man oben um den See mit dem Rennrad nicht herumfahren. Die geteerte Straße endet auf der Passhöhe bei Torre di Fraele (1941 m).

OK, das mache ich. Wenn es zu kurz ist, dann fahre ich halt noch einen anderen Berg hoch. Gibt ja genug davon hier ? Der genauen Streckenbeschreibung und den Abbiegehinweisen meiner Vermieterin kann ich nicht folgen. Ich habe mir den Weg aber auch schon anders ausgedacht. Statt direkt auf der SS38 aus Bormio heraus Richtung Stelvio zu fahren, nehme ich die SS38 in die Gegenrichtung und rolle zunächst auf der Via Milano Richtung Valdisotto / Sondalo. bereits nach ca. einem Kilometer biege ich rechts ab nach Santa Lucia und befinde mich in der ersten kleinen Steigung Richtung Piana. Der kleine Umweg Richtung Seghetto auf die SS301 lohnt sich, denn auf die Erhebung bietet schöne Blicke auf Bormio und die umliegenden Berge im Osten, zum Beispiel auf die Cresta di Reit (3075 m) und auf den Monte Cristallo (3434 m).

Blick auf Bormio von Richtung Oga; Via al Forte; SP28

Nach einer kurzen Abfahrt und einem noch kürzeren Flachstück auf der SS301 wird es bei Pecé dann erst. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung was auf mich zukommt, aber mit insgesamt etwas mehr als 600 Höhenmetern ist der Anstieg nicht ganz ohne. Vor allem der untere Teil bietet wieder einmal saftige Steigungsprozente. Das geht schon wieder in die Richtung „Steigung à la Mortirolo“ und ist mir heute schon fast zu viel. Aber was soll’s: einfach langsam weitertreten und gelegentlich ein Fotostopp als kleine Pause. Vor allem das Stück zwischen Pendenosso und Pradella ist mal wieder unverschämt steil. Kurz nach Pradella macht die Strada Nuova dann aber eine Spitzkehre von West nach Ost und es wird wieder „flacher“ (= weniger steil) und einfacher.

Anstieg nach Pedenosso

Blick aus der Ferne auf die beiden Torre di Fraele kurz hinter Pedenossa (Strada Nuova)

Und dann wird’s lustig – und das meine ich erst. Kurze Zeit später erreiche ich die Abzweigung zur Torre di Fraele. Ab hier schlängelt sich nun eine Straße in 17 Kehren hoch zu den beiden Türmen – den Torre di Fraele – an der Passhöhe. Dank der vielen Kehren ist der Anstieg sehr angenehm. Der Blick runter ins Tal ist fabelhaft und oben angekommen ist der Blick runter auf den Straßenverlauf einfach nur faszinierend. Danke an die Erbauer dieser wahnsinnig tollen Straße und danke an die Vermieterin meines Apartments für den tollen Tipp. Hier wäre ich ohne den entsprechenden Hinweis nie raufgefahren.

Blick ins Tal nach Pradelle / Seghetto auf halber Höhe des Anstiegs nach Torre di Fraele

Die beiden Türme kommen näher. Noch wieviele Kehren? Habe nicht mitgezählt. Insgesamt sind es aber 17 Stück und die auf engstem Raum.

Achtung Kehre!!!

Schon der Hammer wie die die Straße hier hoch gelegt haben. Die Straße wurde 1926 bis 1927 angelegt um den Cancano-Staudamm zu bauen.

Die beiden „Torre di Fraele“ (Anmerkung 07. Juli 2017: seltsamerweise findet sich auf die Schnelle im Internet keinerlei Bericht, was es mit den beiden Türmen an dieser Stelle auf sich hat. Irgendwie unbefriedigend… ich suche später noch einmal genauer)

Schaut düster und kalt aus, aber das täuscht gewaltig: es hat 25 °C auf fast 2000 Meter

Fast unmittelbar hinter den beiden Torre, Richtung Lago di Cancano, endet der Teerbelag. Allerdings ist es heute knochentrocken und so kann ich auf der nicht asphaltierten Straße noch langsam etwas weiter hinter ins Tal rollen. Ich passiere einen kleinen See und kann schließlich doch noch einen Blick hinein ins Valle di Fraele werfen und auf den Lago di Cancano. Mit einem Mountainbike ginge es jetzt hier weiter. Es gibt von hier aus ganz tolle Touren zum Lago di Livigno. Ich verweile noch etwas und mache mich dann auf den Rückweg.

Über eine nicht-asphaltierte Piste, die mit dem Rennrad aber gut zu fahren ist, kommt man von den Torre di Fraele noch etwas weiter nach hinten an den Anfang des Valle di Fraele.

Blick auf den Monte Sumabradia (2919 m)

Blick auf den Lago di Cancano. Hier ist „Ende Gelände“ für mich und mein Rennrad. Weietr ginge es mit dem Mountainbike und für das gibt es hier angeblich jede Menge toller Touren.

Die Kehren hinunter zu fahren mach genau so viel Spaß wie das Hochfahren. Ein Genuss 🙂
Den Rückweg wähle ich über die Via Cancano nach Premadio. Die Abfahrt ist einfach nur Klasse, denn es geht praktisch schnurgerade und mit „humanem Gefälle“ bergab. Ich denke diese Straße wäre auch für den Anstieg besser geeignet. Kurze Zeit später erreiche ich dann auch schon um die Mittagszeit die Piazza Kurec in Bormio. Das „Dolce Ozio“ hat leckeren Kuchen und Cappuccino und bietet einen malerischen Blick über die Piazza.

Mittagspause bei Cappuccino und Kuchen auf der Piazza Kurec (Cavour) mit Blick auf den Torre Kurec.

Die alte Steinbrücke „Ponte di Combo“ überspannt die Adda auf der Via Coltura.

Eine halbe Stunde später schwinge ich mich gut erholt in den Sattel. Es geht noch was – ein Pass muss noch unter die Räder. Das naheliegende ist der Anstieg hoch nach „Bormio 2000“. Klingt nach Retortendorf und das ist es auch. Immerhin ist der Anstieg hoch nach Bormio 2000 an diesem Tag wirklich schön. So wenige Autos sieht man gerne als Rennradler ? Man schaut jetzt genau auf die Seite des ersten Anstiegs und hier unter anderem auf den Monte Masucco (2366 m), den Pizzo Borron (2718 m) und die Cima de Piazzi (3439 m).

Blick auf Bormio im Anstieg zum Skidorf „Bormio 2000“. Im Hintergrund die „Cresta di Reit“ mit 3075 m

Anstieg nach „Bormio 2000“: Blick auf Bormio von etwas weiter oben.

Anstieg nach „Bormio 2000“: Blick auf „Cime di Plator (2937 m)“ und „Corne del Palone (2413 m)“: Genau in der Mitte liegt der Passo di Fraele mit den beiden Türmen. Auf dem Bild sieht man die aber nicht. Das Dorf links oben im Bild ist „Oga“: unterhalb verläuft die SP28, die den ersten Anstieg der beschriebenen Tour beinhaltet.

Das Ziel am Ende des Anstiegs lädt weniger zum Verweilen ein. Immerhin bietet Bormio die erste orange Palme, die ich bisher gesehen habe. Das ist nur schwer zu überbieten.

Kleiner Tipp an alle Skifaherer: an einem Montag im Juni bei 32 °C im Schatten gibt’s bei den Skiliften in Bormio 2000 jede Menge freier Parkplätze.

Die Filmfestspiele von Cannes haben die „Goldene Palme“ zu bieten. Dem kann der Skiort Bormio 2000 locker und lässig die „Orange Palme“ entgegen setzen.

Schnell noch ein Selfie und dann nichts wie ab ins Tal. Und wenn hier einer von euch noch was leckeres zum Essen sucht und gerne Fisch isst, dann empfehle ich von ganzem Herzen „La Sabloneira“. Frischer geht Fisch nicht, auch nicht bei Fischers Fritze ?

Servus
RK

 

Schnappschuss des Tages

Bormio 2000 – Die Anfahrt ist sehr schön, aber Skistationen sind im Sommer erst recht nicht kein lohnenswertes Ausflugsziel. Die Skistation in Bormio 2000 setzt mit der orangen Palme jedoch Maßstäbe im Punkto Orginalität und Häßlichkeit. Chapeau!

Fotostrecke

Heute mal im Bericht (siehe oben)

Zusammenfassung

Streckenlänge: ca. 54 km
Höhendifferenz (Aufstieg): ca. 1635 m
Durchschnittsgeschwindigkeit (mit Pause & Stops): ca. 10,9 km/h (Fotos, Fotos, Fotos. Inklusive Mittagspause im Kaffee und zudem war ich doch noch ziemlich K.O. vom Rennen am Vortag. Die Tour lohnt sich aber auch im schneckentempo 🙂 Merke: „Durchschnittsgeschwindigkeit (mit Pause & Stops)“ ist wirklich ungeschönt. Jeder Cappuccino und jedes Foto zählt!
Durchschnittsgeschwindigkeit (in Bewegung): 15,3 km/h

Strecke
herunterladen: Rechtsklick auf „Download“ unten und „Ziel speichern unter…“

volle Distanz: 54220 m
Gesamtanstieg: 1635 m
Download

 

 Und dann hier noch mehr Daten (wen es interessiert)