Rennen

4. Etappe (Peakbreak 2008)

Kitzbühel – Kitzbüheler Horn (Bergzeitfahren)

Mittwoch morgens, kurz nach 7 Uhr. Die Luft hat im Vergleich zu den Tagen vorher etwas abgekühlt, denn über Nacht ging ein zum Teil heftiges Gewitter über dem Ort nieder. Keine Ahnung wie lange und wie heftig, denn in der vergangenen Nacht habe ich meinen Schlaf wieder gefunden. Endlich habe ich wieder normal durchgeschlafen. Offensichtlich ist die Nervosität endgültig passé, mein Körper hat sich endlich an die tägliche Belastung der Alpen und auch an die Nudelberge darum herum gewöhnt. Und noch dazu ist heute ja Ruhetag… naja, zumindest fast ein  Ruhetag. Vor die verdiente Ruhe haben die Veranstalter von Peakbreak die Kleinigkeit des Kitzbühler Horn gesetzt. Bergzeitfahren ist angesagt. 905 Höhenmeter auf 10.1 Kilometer. Das klingt bereits Respekt einflößend, aber in Wirklichkeit sollte es sich als noch viel heftiger herausstellen. Immerhin startet die kurze Etappe erst um 10 Uhr. Da lässt sich der Tag doch schon sehr entspannt angehen.

Das Frühstück heute ist gemütlich, aber ich lasse es eher nicht so üppig ausfallen, wie die Tage zuvor. Heute gilt es abzuwägen zwischen genügend Energie und jedem Gramm, das mich am Anstieg zusätzlich nach unten ziehen könnte. Sogar den GPS nehme ich aus letztem Grund heute nicht mit. Die Strecke ist relativ einfach und daher habe ich sie für diese Website nachträglich von Hand erstellt. Nach dem Frühstück rolle ich mit den anderen Kollegen aus meiner netten Pension, die sich am südlichen Rand von Kitzbühel befindet, in Richtung Zentrum. Der Ort ist zwar nicht gerade gross, aber trotzdem verläuft die morgendliche Suche nach dem Start erst einmal erfolglos und wir drehen schon einmal vorab einige Ehrenrunden durch den Ortskern. Wo ist denn hier die Vorderstadt und wo ist der Startbogen? Das kleine Rätsel löst sich, nachdem einige Zeit später die ersten Peakbreak Fahrzeuge der Streckensicherung auftauchen und der Startbogen ausgepackt wird. Klarer Fall von „zu früh dran“. Während ich ein paar weitere Runden durch den Ort drehe um den Puls etwas anzukurbeln, trudeln die restlichen Teilnehmer nach und nach am Start ein. Obwohl es erst kurz vor 10 Uhr ist hat die Sonne den Tag bereits wieder fest im Griff und wenn es nur nach der Temperatur ginge wäre warmfahren sicherlich überflüssig. Manfred, unsere steirische Stimmungskanone ist natürlich stilecht im gepunkteten Trikot der Tour de France erschienen. Das darf sich sicherlich nicht jeder erlauben, aber wenn es einer auf jeden Fall darf, dann Manfred. Es passt zur gelösten und lockeren Atmosphäre und auch ein paar Zuschauer haben sich am Start eingefunden.

10:01 – der Startbogen steht. 10:05 – Startschuss! Obwohl es ein Bergzeitfahren ist, erfolgt der Start als Massenstart. Etwas schade denke ich mir, denn ein Zeitfahren mit Einzelstart hat ein ganz besonderes Flair. Man geht in der Regel sofort von 0 auf 100. Das gibt so einem Zeitfahren einen ganz besonderen Reiz. Ich denke mal aus organisatorischen Gründen ging es nicht anders, aber vielleicht kann man bei der nächsten Austragung von Peakbreak da noch etwas drehen. Aus der Vorderstadt heraus rollen wir leicht abschüssig Richtung Bundestrasse nach St. Johann in Tirol. Auf der B161 verläuft der erste Teil der Strecke nahezu flach entlang der Kitzbüheler Ache. Erst nach 2 km verlassen wir die B161, biegen dabei rechts ab und unterqueren die Bahnlinie. Wie aus dem Nichts taucht die erste Rampe direkt hinter der Bahnunterführung auf. In diesem Moment rechne ich natürlich nicht nach, aber wer jetzt rechnen würde, der wüsste genau was noch kommt: 8 km verbleiben zum Ziel und von den gut 900 Höhenmetern der Etappe haben wir bisher nichts gesehen. Richtig: bleiben Schnitt über 11 % auf den folgenden Kilometern Richtung Ziel am Alpenhaus! Nach 35 km/h auf den ersten 2 Kilometern fällt meine Tachoanzeige unbarmherzig Richtung 10 km/h. Dafür jagt der Puls nach oben. Leider nicht so weit wie ich es gerne hätte. Früh merke ich, dass heute wohl nicht mein Tag ist. Ich fühle mich gut, aber die angezeigte Plusfrequenz spricht eine eindeutig andere Sprache. Ich habe wohl doch an den ersten 3 Tagen Substanz lassen müssen. Plötzlich wird die Strecke doch noch einmal etwas flacher. Ich nehme Fahrt auf und bringe es sogar noch einmal auf 17 km/h. Doch dann folgt die nächste Rampe und bereits die läuft zäh. Danach kommt nochmals eine kurze Rampe mit fast 20% und der Puls geht auf 150, aber eben leider nicht viel höher. Mit einer Geschwindigkeit um 10 km/h dümple ich den Berg hinauf. Quälen muss ich mich nicht gerade, aber ich merke eben auch, dass das Limit bereits erreicht ist. Es geht heute einfach nicht mehr. Ich verschwende einen kurzen Gedanken an die Etappe des folgenden Tages. Die morgige Etappe ist mit 180 km die längste Etappe von Peakbreak und gerade flach verläuft sie auch nicht. Ich beschließe das Tempo (wenn man bei 10 km/h noch von Tempo sprechen darf) zu halten und das Bergzeitfahren einigermaßen glimpflich über die Bühne zu bringen. Ich möchte hier und heute nicht überziehen um dann morgen einzubrechen. Das eigentliche Ziel ist Graz in der Gesamtwertung zu erreichen. Dafür ist es nicht wert hier ein paar km/h schneller zu fahren. Die Steigung unter meinen Rädern ist wirklich der Hammer. Die Veranstalter von Peakbreak hatten in die Ausschreibung zu dieser Etappe geschrieben „Sattel überflüssig…“. Ab Kilometer 3 kann man das so unterschreiben. Auch die Sonne heizt jetzt schon mächtig ein. Ein gelegentlicher Schatten auf einer Waldpassage wird zur Wohltat, aber sehr häufig verläuft die Strecke direkt in der bereits hoch stehenden Sonne. Auf einigen der wenigen „Flachpassagen“ mit unter 10 % Steigung kann ich sogar noch etwas forcieren, aber so richtig flüssig läuft es nicht. Ich spule letztlich wirklich nur mein Standardprogramm runter und bin im Ziel dementsprechend weder vollkommen ausgelaugt noch sehr zufrieden. Meine Uhr bleibt im Ziel bei 1:01:26 stehen. Auch mein Ziel unter einer Stunde zu bleiben habe ich deutlich verfehlt.

Die Schilderung des Tages wäre heute unvollständig ohne das packende Rennen an der Spitze zu erwähnen. Im Normalfall bekomme ich die Spitze auf allen Etappen nur am Beginn des Tages, während der neutralisierten Einrollphase zu Gesicht. Heute ist das auch nicht anders, aber die Bilder des Tages von unserem Profi-Fotografen bei Peakbreak, Gernot Muhr, erzählen eine spannende Geschichte. Bereits kurz nach der ersten Rampe in Kitzbühel setzten sich Markus Wilfling und Joa Weber vom Feld ab. Die beiden sind bis zu diesem Zeitpunkt die klaren Dominatoren der Rundfahrt. Joa hatte jeweils auf den ersten beiden Etappen die schnellste Gesamtzeit und damit die Nase knapp vor Markus, der jeweils die zweitschnellste Tageszeit fuhr. Auf der dritten Etappe über den Großglockner war dann endlich Markus vor Joa, aber beide mussten sich an diesem Tag einem überragenden Christoph Strasser geschlagen geben. Nun suchte am heutigen Tag Markus seine Chance und fuhr das Rennen von vorne weg. Bis kurz vor dem Zielstrich konnte er Joa nicht richtig abschütteln und mehr als eine Radlänge betrug der Vorsprung wohl nie. Erst wenige Meter vor dem Ziel schaffte Markus es, das Tempo kurzzeitig zu verschärfen um sich so die entscheidenden Meter von seinem „Schatten“ abzusetzen. Eine entscheidende Sekunde Vorsprung brachte den ersten Tagessieg für Markus. Auch wenn ich diese Rundfahrt in meinem Erlebnisbericht natürlich aus einer ganz anderen Sichtweise erzähle, darf man nicht vergessen, dass bei Peakbreak 2008 natürlich auch ganz toller Radrennsport auf höchsten Niveau stattfand!

  • Tour-Gallerie:

  • Karte (Rechtsklick auf Download und „Ziel speichern unter…“ um die gpx-Datei herunterzuladen):
volle Distanz: 10112 m
Gesamtanstieg: 984 m
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  •  Detailliertes Streckenprofil (klicken zum Vergrößern):

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